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Konkurrenz aus Shenzhen - echt jetzt?

Heike Kugelmann • 2. März 2021

Wie eine Geschäftsidee sich verselbständigt...

Wie alles begann... 2003

Wahrhaftig, das hätte ich mir nicht träumen lassen, dass meine Idee mal Menschen in China in Brot und Arbeit bringen würde – um es mal positiv zu formulieren. Und ich hoffe natürlich, dass diese Menschen dort gute Arbeitsbedingungen vorfinden, irgendwie, hoffentlich, vielleicht. Hoffen darf man ja immer, wobei, bei diesen Preisen... 

Aber von Anfang an: 

Das erste Rosenherz kam bei meiner ureigenen Hochzeit 2003 zum Einsatz und zwar wirklich nur zum Spaß und ohne jeden gewerblichen Hintergedanken. Es ging ja um meine Hochzeit, da dachte ich nicht daran, ob man das vielleicht kommerziell verwerten könnte.


Mein Mann hatte mir zum Antrag einen wunderschönen Strauß aus unzähligen roten Rosen geschenkt.

Und natürlich habe ich ja gesagt... aber nicht nur wegen der Blumen! 

Jedenfalls habe ich genau diese Rosen dann fotografiert und die Bilder zu einem rotem Herz zusammengesetzt – im Format 180 x 160 cm. In meinem Büro stand aus einem früheren Projekt ein Monster von einem Großformatprotter. Das Herz habe ich dann auf zwei Bahnen  festen Papiers ausgeplottet und bei der standesamtlichen Trauung in Konstanz kam es dann zum Einsatz. Und ja, ich habe in grün geheiratet, meiner Lieblingsfarbe, mit hellgrünem Brautstrauß! Das Herz war damals noch nicht so perfekt, es sollte ja nur eine Überraschung sein. Wie gesagt, das war 2003 – weit vor Instagram und Pinterest – da galt wirklich noch „no filter“ aber dafür vielleicht mehr „real joy“ ?

Wie man auf den Bildern sieht, war mein Mann leicht verwirrt von der Aufgabe aber wir hatten eine Menge Spaß.

Als ich in Folge der Hochzeit einige Herzen verkaufte, habe ich Datei überarbeitet, mit den gleichen Bildern der Rosen aus meinem Strauß. Dieses rote Herz ist immer noch der Bestseller und unverändert. Dann folgte 2004 ein Ebay-Shop und 2005 dann eine eigene Website und es lief und zwar ganz ohne Social Media oder Werbung. Über die Herzen, die die Gäste bei den Hochzeiten sahen - so vermarktete sich das Herz quasi von allein. Die Freude und die Überraschung zur Hochzeit, die es verbreitete, sprach für sich selbst. 

Kopiert zu werden ist ein Komplement? Nicht wirklich!

Stellt euch bitte meine Überraschung vor, als ich 2012 Kopien meines Herz auf Amazon fand. Ein deutscher Scherzartikel-Hersteller ließ in China rote Herzen auf einfachem Polyester drucken, ohne Personalisierung. Ein Massenartikel. Mit meinen Texten zum Hochzeitsbrauch in der Produktbeschreibung, wortwörtlich. Copy Paste. Und natürlich deutlich günstiger. Ich war schockiert. 


Interessanterweise blieben meine Absatzzahlen einigermaßen konstant. Das lag wohl einfach daran, dass wir zwei verschiedene Märkte bedienten. Diejenigen, denen das Persönliche am Herzen lag, bestellten und bestellen weiterhin bei mir, mit den Namen des Brautpaares, dem Datum und der persönlichen Widmung. Klimaneutral gedruckt unter Einhaltung deutscher Produktionsstandards, auf einem recyclebaren Papier oder Ökotex-Standard 100 zertifizierten Gewebe, das auch den deutschen Brandschutzrichtlinien entspricht. 


Die anderen bestellten und bestellen bei Amazon die Standardherzen. Nur nicht mehr unbedingt bei dem deutschen Scherzartikel-Hersteller sondern bei dem chinesischen Hersteller direkt, der wiederum den Scherzartikler kopiert hatte und mittlerweile (seit ca. 2015)  selbst auf der deutschen Amazonwebsite als Händler auftrat, erneut mit meinen Texten. Beim zweiten „Copy and Paste“ waren diese ein bisschen durcheinander gerutscht, man kennt ja diese lustigen Beschreibungen auf Amazon. Und natürlich wiederum noch günstiger. Seitdem liefern sich mehrere Anbieter aus Shengzhen auf Amazon im unteren Preissegment eine Preis- und Werbekostenschlacht, auch mit dem Scherzartikelhersteller. Auch legen sie nun billige Scheren sowie Filzstifte zur Personalisierung bei. Mir ist nicht klar, wie das zu diesen Preisen produziert werden kann und zu welchen Bedingungen. Mir ist auch nicht klar, wieso man zwei Scheren mitverkaufen muss. Kinderscheren vernünftiger Qualität hat man entweder im Haushalt oder aber besorgt sie sich. Und was den mitgelieferten Stift zur Personalisierung angeht: hoffentlich denkt jemand beim Schreiben auf dem Herz daran, einen Karton unterzulegen... Aber ja, der Preis ist natürlich unschlagbar! Ich bezahle dem Druckdienstleister meiner Wahl im heimischen Baden-Württemberg für die Einzelstücke meiner Herzen fast das Dreifache pro Stück - im Einkauf! 

Natürlich tut das weh. Denn es fühlt sich ein bisschen an, als würde dem Produkt, das ich liebevoll entwickelt hatte, die Seele genommen. Und natürlich verliere ich dadurch Umsatz, jede Menge. Es ist aber auch so, dass ich mein Produkt und meine Berufstätigkeit nicht mehr erklären muss. Ein Herz zur Hochzeit, ach ja, klar, das kennt man.

Die Massenproduktion hat das Produkt etabliert.


Made in Germany - vom Design, über die Produktion bis zur Entsorgung

Ich konzentriere mich auf die Qualität und auch Aspekte der Nachhaltigkeit in der Produktion und sogar im Recycling - denn wir nehmen gebrauchte Herzen zurück und entsorgen sie fachgerecht - und auf ansprechende Designs. Und ja, ich darf für mich in Anspruch nehmen, die Erste gewesen zu sein, die 2003 die Dienstleistung „Hochzeitsherz zum Ausschneiden“ gewerblich angeboten hat. Und muss mich damit leider auch dafür verantworten, dass das ein Massenartikel geworden ist, der vom Wettbewerb nicht unbedingt umweltverantwortlich produziert wird. Ich kann mich vielleicht einfach damit trösten, dass sonst jemand anders diese Idee gehabt hätte und mich darüber freuen, dass die Angestellten in den chinesischen Druckereien so ihr Mittagessen und die Schulgebühren für ihre Kinder verdienen? 


Eines ist sicher: den nächsten Blogbeitrag schreibe ich über einen Salat... 

das ist nicht so politisch, problematisch, prekär...


In diesem Sinne, habt einen sonnigen Tag und wie immer: greenish greetings, Heike



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Unsere Geschichte beginnt auf der Autofahrt von Stuttgart nach Biarritz vor zwei Jahren, im Sommer 2019, als Reisen noch einfach war. Die lange Fahrt teilten wir auf zwei Etappen auf und so fuhren wir gerade gut ausgeschlafen nach einer Übernachtung in der Nähe von Vichy Richtung Bordeaux und dort auf einem Autobahnzubringer (D1089, der die A89und die A20 verbindet - um ganz genau zu sein) im absoluten Niemandsland, in einer Landschaft aus endlosen bewaldeten Hängen, tat ich das, was man als Beifahrer wirklich nicht macht….. ich schrie laut auf! „AUBAZINE“ ...schrie ich! Laut! Mein Mann zuckte zusammen und schimpfte ob ich den Verstand verloren hatte. Hatte ich! Da auf einem dieser braunen Hinweisschilder, die auch in Frankreich auf Sehenswürdigkeiten hinweisen, da hatte es gestanden. AUBAZINE! 

Ich konnte erst mal gar nichts sagen aber dann stammelte ich: „Da, da ist Coco Chanel zur Schule gegangen!“ Ich glaube, ich hatte Tränen in den Augen. Meine Familie reagierte irritiert, wie häufig, wenn sich bei mir die Bewunderung und Begeisterung für eines meiner Idole zeigt. Wir fuhren gerade durch eine absolute Wildnis aus Bergen und Wäldern, weit und breit kein Dorf zu sehen, schon gar keine Schule. Ich suchte auf dem Navi… tatsächlich da oben in den Bergen, da musste das Kloster liegen. Wir waren ganz nah, 15 Kilometer von der Autobahn. Das Kloster, in das die kleine Gabrielle Chanel 1895, im Alter von 11 Jahren zusammen mit ihren Schwestern von ihrem Vater, einem Lumpensammler, nach dem Tod ihrer Mutter gebracht worden war. Der Vater versprach die Kinder zu besuchen doch er ließ sich nie wieder blicken.... Ich wusste, dass Aubazine irgendwo im Herzen Frankreichs lag, aber der Gedanke, dort mal hinzukommen? Das wäre mir nie eingefallen, zu abwegig.... wortwörtlich ... und jetzt waren wir so nah! Was soll ich sagen: Der nachfolgende Urlaub etwas nördlich von Biarritz war sehr schön, sehr erholsam und wir schafften es sogar nach Spanien, nach Bilbao, ins das berühmte von Frank Gehry entworfene Guggenheim-Museum , aber insgeheim hegte ich die ganze Zeit über die Hoffnung auf der Rückfahrt doch bitte bitte in AUBAZINE vorbeifahren zu dürfen. Zumal wir ohnehin wieder im die gleiche Route über Vichy nehmen wollten, denn die Strecke Biarritz-Stuttgart an einem Tag ist einfach zu weit. 

Wir waren mit Freunden im Urlaub und es wurde zum Running Gag! Mein Mann erzählte jedem, der es hören wollte - und auch jedem, der es nicht hören wollte - mehrfach, dass er auf der Rückfahrt noch in der Grundschule von dieser Coco Chanel vorbei müsste. Er ließ sich erweichen. Ich durfte auf der Rückfahrt „Aubazine“ ins Navi eingeben und hätte uns nicht ein Stau rund um Bordeaux aufgehalten, wir hätten die 15:00 Uhr-Führung geschafft. Meine Familie frohlockte während ich nur still dachte: „Ein Grund nochmals herzukommen.“ Und dann waren wir da: Strenge... das ist der erste Eindruck. Und wir kamen an einem schönen Spätsommertag an diesem Ort an. Wie mussten sich Gabrielle Chanel und ihre beiden Schwestern gefühlt haben, die hier Ende Februar 1895 im Winter, nach dem Tod der Mutter, ankamen. In dieser Abtei, 1134 von Benediktinern gegründet. Die Kirche war einst viel größer. Eine der bedeutendsten und wohlhabendsten Abteien in diesem Teil Frankreichs. Sechs Langhausjochbögen wurden 1757 infolge des Niedergangs der großen französischen Klöster abgerissen, der Kircheninnenraum verkleinert. Demzufolge wurde auch die Fassade neu gegliedert und aufgebaut. Nach der franz. Revolution wurde das Kloster aufgelöst und zum Waisenhaus umfunktioniert. In das Kloster konnten wir also leider nicht ohne Führung... aber in die Kirche, die tagsüber immer offen ist. Was mich überraschte: nirgends auf dem Platz ein Hinweis auf die berühmte Tochter dieses Ortes, die hier von ihrem 11. bis zu ihrem 18 Lebensjahr lebte und - und da sind sich alle Biografen einig - von diesem Ort sehr geprägt wurde. Auch wenn sie selbst ihren Aufenthalt hier zeitlebens verleugnet hat. Aber jetzt ist es Zeit, hinein zu gehen und dort Platz zu nehmen, wo einst Coco Chanel zur Schule ging!

 Hier saß sie also, die kleine Gabrielle, lange bevor sie „Coco“ wurde, auf diesen hintersten, kleineren, schmucklosen Bänken in der Kirche, die den Waisenkindern zugedacht waren. Während endloser Andachten wanderte ihr Blick durch den schlichten, frühgotischen Innenraum der 1176 erbauten Abteikirche und sicherlich immer wieder zu den geometrischen Mustern der Fenster, der einzigen Ablenkung. In ihren Biografien wird erwähnt, dass hier der Ursprung zum Chanel Logo mit dem doppelten „C“ liegen könnte. Gabrielle Chanel wird sicher oft hinauf gesehen haben zu diesen Fenstern, lag doch dahinter die ersehnte Freiheit. 

Die massive, einschüchternde Steintreppe führt hinauf in das Kloster. Das dahinter liegende frühere Dormitorium der Mönche wurde zu den Schlafsälen der Waisenmädchen. In Aubazine erhielt Gabrielle Chanel ihre schulische Ausbildung. Es war das Ziel des Waisenhauses, dass die Mädchen später für sich selbst sorgen könnten. An diesem Ort hat Chanel gebetet, gelernt, gearbeitet, geschlafen, wurde zur Näherin ausgebildet, in einer Welt der Abgeschiedenheit, umgeben von hohen Mauern, der Tagesablauf bestimmt von den Andachten. 

Der Fußboden aus rohen Steinsplittern, das Fehlen von Ornamenten und Dekor, ganz im Sinne der auf Verzicht und Einfachheit ausgerichteten Ordensregeln der Zisterzienser, der schlichte Habit der Schwestern, die das Waisenhaus leiteten, wiederholen den ersten Eindruck: Strenge - aber auch Erhabenheit. 1901 mit 18 verließ Chanel Aubazine, ging nach Moulins und wurde zu Coco… das ist eine ganz eigene Geschichte, in der sowohl wohlhabende Liebhaber, billige Varietés als auch ein Damenmodengeschäft eine Rolle spielen. 

Die Revolution in der Damenmode, die Coco Chanel 1913 mit der Eröffnung ihrer Boutique in Deauville, dem bekannten Seebad in der Normandie beginnen sollte, beruht auf eben jener Kunst des Weglassens, einem stilsicherem Minimalismus, der Klarheit und Schönheit starker Farbkontraste, allen voran Schwarz und Weiß. Eine Ästhetik, die sie in Aubazine kennengelernt hatte und zu der das Zitat von ihr passt: „Mode sei Architektur.“


 Ja... und um auf den Titel dieses Beitrags zurückzukommen: Man kann hier heiraten! Selbstverständlich! Man darf sich allerdings an den Hunderten von Spinnweben an den Fenster nicht stören! Auf Instagram unter https://www.instagram.com/abbaye_aubazine/ oder im Netz unter: https://abbaye.aubazine.com/ Quelle letztes Bild mit dem Porträt von Gabrielle Chanel: Wikipedia
Grafik, Zeichnung, Kaffee, Brainstorming
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