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Bitte nicht einfach wegwerfen...!

Heike Kugelmann • 20. Juni 2022

Hochzeitsdeko upcyclen - das geht



„Das Hochzeitsherz ist ja viel zu schön um es zu zerschneiden…!“


Das ist eine Reaktion, die ich etwa zweimal im Monat per Mail von meinen Kunden erhalte, ergänzt um den begeisterten Zusatz, wie schön es dann doch bei der Hochzeit war, wie schön die Fotos geworden sind und dass es ein schöner auflockernder Beitrag bei der Feier war. Tatsächlich ist das auch nicht erst so, seit das generelle Umweltbewusstsein in der Gesellschaft in den letzten 10 Jahren erfreulicherweise so stark gestiegen ist, das war sogar schon ganz am Anfang so, 2003, als die Herzen noch aus Papier waren. 


Auf Textil bin ich nämlich erst durch die häufigen Nachfragen meiner Kunden umgestiegen, weil ich zunächst selbst kein Freund des Polyestertextils war und auch weil die Technologie für den Textildruck in dieser Preisklasse erst um 2010 zur Verfügung stand. Mittlerweile ist es so, dass Papier aufgrund der gewachsenen weltweiten Nachfrage und der Knappheit der natürlichen Rohstoffe deutlich teurer und auch energie- und wasserverbrauchsinstensiver ist, als die Herstellung der Kunststofffaser. Das Plastik ist also in der Welt. Wenigstens produzieren wir klimakompensiert auf einem zertifizierten Material (Öko-Tex Standard 100 und B1 zertifiziert - schwer entflammbar nach DIN 4102) aber die Frage bleibt:
Die Hochzeit ist vorbei und was dann?


Nun als allererstes gilt: Bitte nicht wegwerfen, sondern auf jeden Fall recyclen. Das liegt mir wirklich am Herzen. Einfach in die Altkleidertonne geben, die Textilart ist auf dem Tuch aufgedruckt. Wir entrichten auch einen Entsorgungsbeitrag für die Menge an Plastik, die wir in die Welt bringen. Aber zurück zum Material: Polyester - insbesondere sortenreines, lässt sich sehr gut recyclen. Wir nehmen die Herzen auch zurück: Wer möchte schickt es uns in einem Umschlag, bitte ausreichend frankiert. Wir führen die gesammelten Herzen einem fachgerechten Recycling zu. Oder aber machen etwas daraus - denn das ist die beste Option.


Macht was draus: Das Material hat viele gute Eigenschaften, es ist vor allem super strapazierfähig und atmungsaktiv. Nach der Hochzeit sollte es einmal im Wollwaschgang kurz durchgewaschen werden, anschließend flach aufhängen zum Trocknen und falls notwendig kurz bügeln (Einstellung kalt / Nylon mit zwischengelegtem Baumwolltuch).


Wir nähen aus den Herzen, die zu uns zurückkommen Einkaufstaschen, die wir bei größeren Bestellungen als Goodie beilegen. Die einfachste Art des Up Cyclings sind solche Beutel wie im Foto oben. Sie lassen sich vom Lavendelsäckchen über den Beutel zur Geschenkverpackung bis hin zum ausgewachsenen Schuhsack skalieren.


Bisher haben wir schon genäht: Wäschebeutel, Schuhbeutel, Utensilos, Schminktäschchen, Schlämpermäppchen, Geschenkverpackungen, Rucksäcke und Duschpuschel, Säcke für Sandspielsachen und Fußbälle. Wenn ihr etwas Schönes genäht habt, postet es gerne im Social Media Kanal eurer Wahl mit #eigentuch und #eigentuchupcycling. Einmal im Jahr verlosen wir unter allen Beiträgen drei 20% Gutscheine für unseren Shop.


Der Sneakerbeutel unten mit den Namen des Bräutigams hat sich dabei als Favorit herausgestellt.
Sehr praktisch ist auch, dass so das Hochzeitsjahr und auf einem zweiten Beutel der Hochzeitstag in Erinnerung gerufen wird... ihr versteht schon!


Hier geht es zur Anleitung für einen Zugbeutel




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Unsere Geschichte beginnt auf der Autofahrt von Stuttgart nach Biarritz vor zwei Jahren, im Sommer 2019, als Reisen noch einfach war. Die lange Fahrt teilten wir auf zwei Etappen auf und so fuhren wir gerade gut ausgeschlafen nach einer Übernachtung in der Nähe von Vichy Richtung Bordeaux und dort auf einem Autobahnzubringer (D1089, der die A89und die A20 verbindet - um ganz genau zu sein) im absoluten Niemandsland, in einer Landschaft aus endlosen bewaldeten Hängen, tat ich das, was man als Beifahrer wirklich nicht macht….. ich schrie laut auf! „AUBAZINE“ ...schrie ich! Laut! Mein Mann zuckte zusammen und schimpfte ob ich den Verstand verloren hatte. Hatte ich! Da auf einem dieser braunen Hinweisschilder, die auch in Frankreich auf Sehenswürdigkeiten hinweisen, da hatte es gestanden. AUBAZINE! 

Ich konnte erst mal gar nichts sagen aber dann stammelte ich: „Da, da ist Coco Chanel zur Schule gegangen!“ Ich glaube, ich hatte Tränen in den Augen. Meine Familie reagierte irritiert, wie häufig, wenn sich bei mir die Bewunderung und Begeisterung für eines meiner Idole zeigt. Wir fuhren gerade durch eine absolute Wildnis aus Bergen und Wäldern, weit und breit kein Dorf zu sehen, schon gar keine Schule. Ich suchte auf dem Navi… tatsächlich da oben in den Bergen, da musste das Kloster liegen. Wir waren ganz nah, 15 Kilometer von der Autobahn. Das Kloster, in das die kleine Gabrielle Chanel 1895, im Alter von 11 Jahren zusammen mit ihren Schwestern von ihrem Vater, einem Lumpensammler, nach dem Tod ihrer Mutter gebracht worden war. Der Vater versprach die Kinder zu besuchen doch er ließ sich nie wieder blicken.... Ich wusste, dass Aubazine irgendwo im Herzen Frankreichs lag, aber der Gedanke, dort mal hinzukommen? Das wäre mir nie eingefallen, zu abwegig.... wortwörtlich ... und jetzt waren wir so nah! Was soll ich sagen: Der nachfolgende Urlaub etwas nördlich von Biarritz war sehr schön, sehr erholsam und wir schafften es sogar nach Spanien, nach Bilbao, ins das berühmte von Frank Gehry entworfene Guggenheim-Museum , aber insgeheim hegte ich die ganze Zeit über die Hoffnung auf der Rückfahrt doch bitte bitte in AUBAZINE vorbeifahren zu dürfen. Zumal wir ohnehin wieder im die gleiche Route über Vichy nehmen wollten, denn die Strecke Biarritz-Stuttgart an einem Tag ist einfach zu weit. 

Wir waren mit Freunden im Urlaub und es wurde zum Running Gag! Mein Mann erzählte jedem, der es hören wollte - und auch jedem, der es nicht hören wollte - mehrfach, dass er auf der Rückfahrt noch in der Grundschule von dieser Coco Chanel vorbei müsste. Er ließ sich erweichen. Ich durfte auf der Rückfahrt „Aubazine“ ins Navi eingeben und hätte uns nicht ein Stau rund um Bordeaux aufgehalten, wir hätten die 15:00 Uhr-Führung geschafft. Meine Familie frohlockte während ich nur still dachte: „Ein Grund nochmals herzukommen.“ Und dann waren wir da: Strenge... das ist der erste Eindruck. Und wir kamen an einem schönen Spätsommertag an diesem Ort an. Wie mussten sich Gabrielle Chanel und ihre beiden Schwestern gefühlt haben, die hier Ende Februar 1895 im Winter, nach dem Tod der Mutter, ankamen. In dieser Abtei, 1134 von Benediktinern gegründet. Die Kirche war einst viel größer. Eine der bedeutendsten und wohlhabendsten Abteien in diesem Teil Frankreichs. Sechs Langhausjochbögen wurden 1757 infolge des Niedergangs der großen französischen Klöster abgerissen, der Kircheninnenraum verkleinert. Demzufolge wurde auch die Fassade neu gegliedert und aufgebaut. Nach der franz. Revolution wurde das Kloster aufgelöst und zum Waisenhaus umfunktioniert. In das Kloster konnten wir also leider nicht ohne Führung... aber in die Kirche, die tagsüber immer offen ist. Was mich überraschte: nirgends auf dem Platz ein Hinweis auf die berühmte Tochter dieses Ortes, die hier von ihrem 11. bis zu ihrem 18 Lebensjahr lebte und - und da sind sich alle Biografen einig - von diesem Ort sehr geprägt wurde. Auch wenn sie selbst ihren Aufenthalt hier zeitlebens verleugnet hat. Aber jetzt ist es Zeit, hinein zu gehen und dort Platz zu nehmen, wo einst Coco Chanel zur Schule ging!

 Hier saß sie also, die kleine Gabrielle, lange bevor sie „Coco“ wurde, auf diesen hintersten, kleineren, schmucklosen Bänken in der Kirche, die den Waisenkindern zugedacht waren. Während endloser Andachten wanderte ihr Blick durch den schlichten, frühgotischen Innenraum der 1176 erbauten Abteikirche und sicherlich immer wieder zu den geometrischen Mustern der Fenster, der einzigen Ablenkung. In ihren Biografien wird erwähnt, dass hier der Ursprung zum Chanel Logo mit dem doppelten „C“ liegen könnte. Gabrielle Chanel wird sicher oft hinauf gesehen haben zu diesen Fenstern, lag doch dahinter die ersehnte Freiheit. 

Die massive, einschüchternde Steintreppe führt hinauf in das Kloster. Das dahinter liegende frühere Dormitorium der Mönche wurde zu den Schlafsälen der Waisenmädchen. In Aubazine erhielt Gabrielle Chanel ihre schulische Ausbildung. Es war das Ziel des Waisenhauses, dass die Mädchen später für sich selbst sorgen könnten. An diesem Ort hat Chanel gebetet, gelernt, gearbeitet, geschlafen, wurde zur Näherin ausgebildet, in einer Welt der Abgeschiedenheit, umgeben von hohen Mauern, der Tagesablauf bestimmt von den Andachten. 

Der Fußboden aus rohen Steinsplittern, das Fehlen von Ornamenten und Dekor, ganz im Sinne der auf Verzicht und Einfachheit ausgerichteten Ordensregeln der Zisterzienser, der schlichte Habit der Schwestern, die das Waisenhaus leiteten, wiederholen den ersten Eindruck: Strenge - aber auch Erhabenheit. 1901 mit 18 verließ Chanel Aubazine, ging nach Moulins und wurde zu Coco… das ist eine ganz eigene Geschichte, in der sowohl wohlhabende Liebhaber, billige Varietés als auch ein Damenmodengeschäft eine Rolle spielen. 

Die Revolution in der Damenmode, die Coco Chanel 1913 mit der Eröffnung ihrer Boutique in Deauville, dem bekannten Seebad in der Normandie beginnen sollte, beruht auf eben jener Kunst des Weglassens, einem stilsicherem Minimalismus, der Klarheit und Schönheit starker Farbkontraste, allen voran Schwarz und Weiß. Eine Ästhetik, die sie in Aubazine kennengelernt hatte und zu der das Zitat von ihr passt: „Mode sei Architektur.“


 Ja... und um auf den Titel dieses Beitrags zurückzukommen: Man kann hier heiraten! Selbstverständlich! Man darf sich allerdings an den Hunderten von Spinnweben an den Fenster nicht stören! Auf Instagram unter https://www.instagram.com/abbaye_aubazine/ oder im Netz unter: https://abbaye.aubazine.com/ Quelle letztes Bild mit dem Porträt von Gabrielle Chanel: Wikipedia
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